Der Guss ist gelungen – das Gitter „ersteht“
Balkongitter aus Guss - nachgegossen nach altem Muster - Gusswarenkatalog der Carolinenhütte Achthal (aus 1873)

„Festgemauert in der Erden steht die Form, aus Lehm gebrannt. Heute muss die Glocke werden; frisch Gesellen, seid zur Hand.“
Frei nach dem Gedicht „Die Glocke“ von Friedrich Schiller fühlte es sich an: Ein herrliches Balkongitter befreit sich nach dem aufwendigen Guss im heftigen Rütteln von der Sandform. Den Weg dorthin wollte Dipl.-In- Heinz Unruh zum „Leben erwecken“ – er selber ein großer Kenner, Liebhaber und Gönner des Eisenkunstgusses und ein begnadeter Handwerker.
Dazu zum Anfang der Entstehung dieses Gitters: Herr Unruh suchte sich aus dem vorhandenen Gusswarenkatalog der Carolinenhütte Achthal (aus 1873) eine Abbildung eines Balkongeländers „Balcongeländer #51“ aus.
In der Technischen Hochschule Rosenheim fertigten zwei Studenten nach der Abbildung im Katalog in CNC-Technik ein Holzmodell dieses filigranen Werkstückes. Damit erwarben sie sich sogar den Bachelor-Abschluss. Dankenswerterweise übernahm die Teisendorfer Fa. MAFO Systemtechnik AG die weiteren Schritte der Fertigung des Geländers in Form einer großherzigen Spende. 

 

Zu unserem Besuch des Gießens hatte die Fa. MAFO bereits die Form für den Guss vorbereitet. Beim hier angewandten Sandguss „formt“ das Modell im Formsand (Öl-Sand-Gemisch) das zu erstellende Werkstück als Abdruck und zwar zweimal, als Unter- und Oberteil. Diese beiden Teile sind so eng verpresst, dass man sie aufeinanderlegen kann. Dazwischen entsteht ein Hohlraum. In das vorbereitete Einfüllloch fließt das flüssige Eisen und verdrängt die darin befindliche Luft, die aus den vorbereiteten kleineren Löchern nach oben entweicht. Dieses „nach oben Steigen“ zeigt die komplett gefüllte Form an.

Nach einem Tag Abkühlung: Die Spannung steigt. „Ist der Guss gelungen?“ Über einem „Bett“ aus gebrochenem Formsand lässt ständiges, gefühlvolles Rütteln der am Flaschenzug hängenden Form den Sand langsam zerbrechen. Beim Anheben des Werkstückes dann die Erleichterung. Der Guss ist geglückt! „Wie Phoenix aus der Asche“ ersteht ein wunderbares Balkongeländer. Jetzt das Stück noch „entgraten“ – eine der mühsamten Arbeiten im Formguss: alles überschüssige Eisen schleifen und vor allem die kleinen zum Entweichen der Luft gebrauchten „Röhren“ abfräsen.

So spannend und so einmalig … den Guss eines Balkongitters miterlebt ….
In die Gießerei der Fa. Systemtechnik MAFO in Teisendorf kann ich Euch leider nicht mitnehmen.
Jedoch das fertige Produkt und die Bilder dazu könnt ihr im neu konzipierten Eisenreich Bergbaumuseum Achthal erleben.

Neueröffnung am 9. Mai 2025
mit der spannenden, über die Jahrhunderte gelebten Geschichte des Erzbergbaus am Teisenberg und der Verhüttung in Achthal (zwischen Neukirchen und Oberteisendorf)

 

 

Land und Leute, Geschichte und Geschichten …
Der äußerste Südosten Bayerns mit Chiemgau, Rupertiwinkel und Berchtesgadener Land schickt mich in seiner Vielfalt immer wieder auf die Suche …

Eure Rosi

Bilder: RoHa-Fotothek Fürmann
 

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